Entwurmung

Unsere Tierärztin Dr. Nora Rindler war auf einer Fortbildung zum aktuellen Wissenstand zum Thema Entwurmung beim Pferd im Februar in München.

Hier die wesentlichen Inhalt aus dem Vortrag zur Aktualisierung für alle:

 

 

Parasitenbekämpfung beim Pferd: Selektive oder strategische Entwurmung?
 

Die parasitäre Resistenzproblematik zum Anlass nehmend, sollen folgende Zeilen zur Klärung der Frage nach dem "optimalen" Entwurmungsregime beitragen.
Prinzipiell unterscheidet sich die strategische Entwurmung, die nach einem strikten Behandlungsplan vier Mal jährlich erfolgt, von der selektiven Entwurmung (=Entwurmung nach vorangegangener Kotuntersuchung).
Erklärtes Ziel der Parasitenbekämpfung ist die Reduktion der ungeliebten Darmeinwohner, die sich in drei Gruppen gliedern lassen: Rundwürmer, Bandwürmer und Magendasseln.
Während bei Bandwürmern und Magendasseln bisher keine  Resistenzen beobachtet wurden,  stellen diese bei den Rundwürmern ein zunehmendes Problem dar.
Da in absehbarer Zeit keine neuen Wirkstoffe zur Entwurmung von Pferden zu erwarten sind, müssen Pferdebesitzer und Tierärzte an einem Strang ziehen um der Resistenzbildung weitestgehend entgegenzuwirken.
Dazu sollte man drei Punkte beachten:
1) Antiparasitika nicht unterdosieren
2) Nicht zu häufig entwurmen
3) Präparate regelmäßig wechseln
Zudem ist es von großer Bedeutung dass in jedem Bestand ein gewisser Anteil an Parasiten erhalten bleibt, der von dem verwendeten Antiparasitikum nicht erreicht wird, da ohne Wirkstoffkontakt folgerichtig auch keine Resistenz ausgebildet werden kann.
Das bedeutet wiederum, dass ein gewisser Anteil an Pferden innerhalb eines Bestandes unbehandelt bleiben muss, damit resistente Parasiten nicht die Überhand gewinnen, sondern sich immer wieder mit nicht resistenten Parasiten vermengen.
An dieser Stelle kommt die selektive Entwurmung ins Spiel, bei der nur Pferde entwurmt werden, deren Wurmbelastung über 200 EpG (= Wurmeier pro Gramm Kot) liegt. Demnach bleiben geringgradig verwurmte Tiere als "gesundes Parasitenreservoir" im Bestand erhalten.
Doch auch die selektive Entwurmung hat ihre Grenzen: So sollten Pferde bis zu einem Alter von 5 Jahren regelmäßig strategisch entwurmt werden, da diese eine höhere Empfänglichkeit für Magen-Darmparasiten aufweisen als adulte Pferde. Die selektive Entwurmung ab einem EpG>200 wäre bei Jungpferden unter 5 Jahren daher kontraproduktiv. Weiters schlagen die "Empfehlungen zur nachhaltigen Kontrolle von Magen- Darmwurminfektionen beim Pferd in Deutschland" für erwachsene Pferde zwei obligatorische Entwurmungen pro Jahr vor, welche optimalerweise 1-2 Monate nach Weideaustrieb (Juni/Juli) sowie im November/Dezember erfolgen sollten. Weitere Behandlungen sollten in den Monaten August/September sowie Februar/März nach vorangegangener Kotuntersuchung bei jenen Pferden erfolgen, deren EpG über 200 beträgt.
Die verwendeten Antiparasitika sollten dabei an das jahreszeitlich variierende Parasitenreservoir angepasst werden und umfassen folgende Wirkstoffe:
* Die Gruppe der Benzimidazole (Fenbendazol, Mebendazol, Fenbendazol): 
wirksam gegen Rundwürmer
* Pyrantel
: wirksam gegen Ründwürmer, sowie bedingte Wirksamkeit gegen Bandwürmer
* Makrozyklische Laktone (Ivermectin, Moxidectin): wirksam gegen Rundwürmer und Magendasseln
* Praziquantel: wirksam gegen Bandwürmer
Als Fazit kann festgehalten werden, dass die selektive Entwurmung keinesfalls dazu dient, die Entwurmungskosten zu senken. Ihr Ziel ist vielmehr das gezielte Überwachung der parasitären Belastung innerhalb eines Bestandes sowie die Verminderung von Resistenzen. Konsequent angewandt ist sie bei adulten Pferden eine gute Alternative zur strategischen Entwurmung, solange zumindest 2 "Sicherheitsbehandlungen" jährlich erfolgen.

Allgemeines

Der Magen-Darm-Trakt des Pferdes ist in regelmäßiger Häufigkeit mit verschiedenen Wurmarten befallen.


 Zu den häufigsten zählen

  • Cestoden
    (Anopolcephala magna, Anopolcephala perfoliata u.a.), Bandwürmer

 

  • Nematoden
    (große und kleine Strongyliden, u.a.), Rundwürmer

 

  • Magendasselfliege

Dieser Parasitenbefall verursacht, wenn durch regelmäßig durchgeführte Entwurmungsmaßnahmen die Anzahl der Würmer begrenzt bleibt, wenig Probleme oder ernsthafte Erkrankungen. Wenn jedoch die Menge der den Verdauungstrakt befallenden Parasiten explosionsartig ansteigt, können diese Würmer sehr bedrohliche und immer wieder auch tödlich verlaufende Krankheiten auslösen. Zu diesen zählen meist zu  Beginn der Erkrankung Abmagerung, schlechtes Fell und eine verminderte Hornqualität, häufig sind die betroffenen Pferde mager und haben gleichzeitig einen dicken, aufgeblähten Bauch (sog. Wurmbauch). Weitere Probleme sind häufig auftretende Koliken, die meist dadurch entstehen, dass die Würmer das Darmlumen ganz oder teilweise verschließen (Verstopfungskolik, Ileus) oder dass durch die sich in der Darmwand festbeißenden Parasiten die Motilität des Darmes beeinträchtigt ist. In der Folge kommt es dann häufig zu Aufgasungen. Eine weitere Gefahr droht, wenn der Darm durch das Festbeißen der Würmer durchlässig wird und der Verdauungsbrei durch die Darmwand in die Bauchhöhle gelangt; eine Durchwanderungsperitonitis (Bauchfellentzündung) ist die Folge, diese Erkrankung verläuft regelmäßig tödlich. Weiterhin kann der Befall mit den Larven der Magendasselfliege zu ernsthaften Erkrankungen des Magens führen, diese reichen von einer reduzierten Futteraufnahme über eine Entzündung der Magenschleimhaut (Gastritis) bis zur Entstehung eines Magengeschwüres (Ulcus), in dessen Folge auch ein Magendurchbruch mit Todesfolge keine Seltenheit ist. Eine Besonderheit stellt der Befall mit den Larven der großen Strongilyden dar, diese verursachen bei ihrer Wanderung durch den Organismus des Pferdes Verletzungen in den Wänden von Blutgefäßen. Dies führt dann zum vollständigen oder teilweisen Verschluss dieser Gefäße, was je nach Lokalisation schwerwiegende Folgen haben kann. Beim Verschluss von Blutgefäßen, die Teile des Darms versorgen, kommt es zum Absterben der betroffenen Darmabschnitte (Kolik mit häufiger Todesfolge). Sind Blutgefäße der Extremitäten befallen, führt die mangelnde Blutversorgung zu starken Lahmheiten (sog. intermittierendes Hinken), die meistens an den Hinterbeinen auftreten.

Entwurmungsstrategie

Eine wirkungsvolle Entwurmungsstrategie sollte somit in jedem Stall Pflicht sein. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sollte mindestens alle 3-4 Monate mit wechselnden Präparaten  entwurmt werden. Sinnvoll ist es, die Pferde während der Weidesaison häufiger zu entwurmen (optimal im Abstand von 8 Wochen) .Der Infektionsdruck ist bei Weidegang sehr viel stärker als im Winter, wenn die Pferde aufgestallt sind. Im Idealfall werden alle Pferde eines Stalles gleichzeitig entwurmt, im Anschluss sollten die Pferde 2-3 Tage nicht auf die Koppel gebracht werden, um eine Verseuchung der Koppeln zu verhindern. Durch die Wurmkur werden zwar die erwachsenen Würmer abgetötet, es werden jedoch auch  zahlreiche Wurmeier ausgeschieden, mit denen sich grasende Pferde sofort wieder infizieren können. Zudem sollte der nach einer Wurmkur anfallende Kot getrennt vom sonstigen Mist entsorgt werden und nicht als Dung verwendet werden, da dieser Kot durch die enthaltenen Wurmeier, die z.T. Jahre überleben können, die Pferdekoppeln wieder verseuchen kann. Als weitere prophylaktische Maßnahme ist das  regelmäßige Abmisten der Koppeln zu empfehlen. Die zu entwurmenden Pferde sollten nach Möglichkeit gesund sein, anstehende Impfungen sollten frühestens zwei Wochen nach einer Entwurmung vorgenommen werden. In den ersten zwei Tagen nach
Verabreichung einer Wurmkur sollte größerer Stress für das Pferd vermieden werden. Die Stärke des Wurmbefalls bzw. der Erfolg einer Wurmkur kann mit Hilfe einer Kotprobe überprüft werden. Hierzu wird entweder vom Einzeltier Kot eingesammelt (möglichst frisch) oder es wird eine Sammelkotprobe von allen Pferden eines Stalles genommen. Am effektivsten ist eine Sammelkotprobe von mehreren, aufeinander folgenden Tagen. Die Kotproben werden dann in unserer Praxis auf das Vorhandensein von  Wurmeiern mikroskopisch untersucht. Zu bedenken ist hierbei, dass der Befall mit Bandwürmern selten durch eine Kotprobe nachzuweisen ist; Untersuchungen an Schlachtpferden haben jedoch gezeigt, dass bei 60 bis 70% aller Pferde im Darm mehrere Bandwürmer gefunden werden konnten. Daher sollte obligatorisch einmal im Jahr gegen Bandwürmer entwurmt werden.